Fast 40 und Single mit Kinderwunsch - ein Gastbeitrag über Gefühle und Gedanken
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Fast 40 und Single mit Kinderwunsch – über Gefühle & Gedanken

Kristin ist fast 40 Jahre alt und ein Single mit Kinderwunsch.

Ich bin mir ganz sicher, dass sie mit dieser Situation nicht allein ist und es vielen von euch so geht. Egal ob Mann oder Frau – ein Single mit Kinderwunsch steht an einem Scheideweg des Lebens. Findet sich noch ein/e passende/r Partner/in, kinderlos bleiben oder eine Co-Elternschaft eingehen? Ich war genau 39,5 Jahre alt, als ich zum ersten Mal schwanger wurde. Genauso alt, wie Kristin jetzt ist.

Single mit Kinderwunsch

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Ich freue mich sehr, dass Kristin (hier könnt ihr bei Instagram folgen!) uns heute an ihren Gedanken teilhaben lässt. Ich habe ihre Zeilen sehr verschlungen, denn sie sind wundervoll geschrieben. Wer eintauchen mag, bitte:

Hier folgt der Gastbeitrag von Kristin

Ich bin 39 ½ , Single und kinderlos. Daran ist sicherlich nichts auszusetzen. Fügt man dem ersten Satz noch einen latenten Kinderwunsch, wie es diverse Gynäkologen im letzten Jahr formuliert haben, hinzu, dann wird die ganze Sache etwas kniffliger. Oder? Wird es wirklich kniffliger oder denkt man das nur?

Vor gut einem Jahr traf ich eine Entscheidung. Ich trennte mich nach 2 Jahren Beziehung von meinem Freund, der mir Kinder und eine gemeinsame Zukunft in Aussicht stellte und nach 2 Jahren alles widerrief. Er wollte mit mir zusammen sein, aber anders als ich.

Nach monatelangen Diskussionen und Streits stand ich einem Mann gegenüber, der nicht mehr der war, der er zu sein schien, als wir
uns kennenlernten. Ein Seitensprung und sein Wunsch nach einer offenen Beziehung wurden ausgiebig monatelang vor der Trennung diskutiert, besprochen, von mir gedanklich auseinandergenommen und geprüft. In all dem Chaos fiel dann auch noch seine Entscheidung, dass er doch keine Kinder mehr möchte. Er habe schließlich schon 2 im Teenageralter und will sein Leben genießen. Das gab mir den Rest und

ich packte meine Sachen.

Mit dieser Entscheidung wurde mir auch erst klar, wie stark ausgeprägt mein Kinderwunsch ist. Es verleitete mich dazu mich an einen Mann zu binden, der mich schlecht behandelte und dessen Wertesystem nicht dem meinen entsprach. Ich verlor mich selbst und ließ mich von dem Wunsch einer eigenen Familie blenden. Nun war ich plötzlich ein Single mit Kinderwunsch.

Heute bin ich dankbar für diese Beziehung und all die schrägen Situationen, in die sie mich brachte. Ich habe sehr viel über mich gelernt und entnehme dieser Zeit folgende Erkenntnisse:

Ich möchte in diesem Leben noch Mutter werden und eine Familie gründen.

Mit Allem, was dazugehört. Aber ich wollte erst meinen Selbstwert wieder stärken und mich wieder finden. So sülzig es klingt, aber ich möchte mich nicht in die nächste Beziehung stürzen und von einem Mann verlangen, dass er mich liebt, wenn ich selbst wohl nichts von mir halte. Ich will auch keine Mutter sein, die nicht vorleben kann, was es heißt sich selbst zu lieben und zu seinen Werten zu stehen. Ich
will mich auch nicht in die nächste Beziehung stürzen, mit irgendwem, nur um baldmöglichst Mutter zu werden. Das ist sicherlich auch keine gute Basis, um Kinder großzuziehen.

Während des Trennungsprozesses, wenn man an dem Mann (einer Option auf eine Familie) so verzweifelt festhält habe ich mich und den Wunsch nach einer eigenen kleinen Familie tatsächlich erstmal hinterfragt und mir versucht einzureden, dass es auch ohne Kinder geht.

Man kann es sich doch auch zu zweit und mit den Stiefkindern schön machen. Natürlich habe mich mir zudem überlegt, ob ich einen Kinderwunsch hege, weil ich in einem Korsett an gesellschaftlichen Erwartungen feststecke. Ob ich Kinder auch alleine großziehen möchte und einfach zur nächsten Samenbank fahre. Möchte ich die Stiefkinder großziehen, die sich nicht für mich interessieren, weil sie schon
älter sind. All diese Überlegungen fühlten sich für mich nicht richtig an. Ich respektiere jede Frau, die keine Kinder möchte, aber ich bin keine von ihnen.

Ich habe also meinen Kinderwunsch ordentlich hinterfragt, mich nach der Trennung sortiert und es geschafft mich wieder in mich zu verlieben. Zumindest bin ich auf einem sehr guten Weg dahin. Ich fühle mich bereit für diese Verantwortung und möchte mich auch wieder verlieben in den Vater meiner Kinder und in die Kinder, die ich haben werde. Ich möchte nicht einfach nur Mutter werden.

Ich möchte eine Familie gründen.

Wäre da nicht dieses immer lauter werdende Ticken im Ohr und die vielen Stimmen von außen, die mir nach der Trennung sagten: „Du bist aber auch nicht mehr die Jüngste“ oder „Viel Zeit hat man da aber nicht mehr. Du musst ja erst mal einen neuen Mann finden, der auch Kinder will. Dann sollte man mindestens 2 Jahre zusammen sein, bevor man sich Kinder antut“.

So oder so ähnlich wurde das mit Freunden „besprochen“, als ich Ihnen von der Trennung erzählte. Die Tatsache, dass das nicht mal der alleinige Trennungsgrund war, geriet völlig in Vergessenheit.

Für die meisten blieb haften: „Oh, Kristin will Kinder und er nicht“.

Hinzu kamen Blicke, die auch einem Glückwünschen für einen Sprint mit Stöckelschuhen hätten entsprechen können. Auch wenn es vielleicht nicht so gemeint war, gaben sie mir jedoch das Gefühl, dass ich mich jetzt aber gehörig ins Zeug legen muss, um das noch
zu schaffen.

Ich fühle Druck. Zeitdruck, Erwartungsdruck, vor allem von mir.

  • Einen Mann kennenlernen, der auch Kinder will, uff.
  • Den Mann auch ja lang genug an sich binden, damit man auch konkret in die Familienplanung gehen kann, *schwitz*.
  • Einen verständnisvollen Mann haben, der mit mir in die Kinderwunschklinik rennt, denn da muss
    man ja sowieso hin in meinem Alter. *doppelschwitz*

Soweit die Stimmen von außen.

Für mich war immer klar, dass das auch so kommen wird mit einer eigenen Familie und so wollte ich es auch immer haben. Da stand ich nun, frisch getrennt, Single mit Kinderwunsch, erleichtert, freudig über alles Neue was kommen wird. Leider bedarf es zum Familie gründen mehr als 1 Person. Hier wird es eben für mich knifflig. Ich bin ein Macher-Typ. Ich plane gern, liebe Garantien und gebe ungern Kontrolle ab, aber diese Situation wirft mich gefühlt in eine Achterbahn, bei der ich mir nicht mal die Augen zuhalten kann.

„Du könntest doch Eizellen einfrieren oder dich künstlich befruchten lassen.“

„Selbst ist die Frau. Du brauchst doch heute keinen Mann mehr, um Kinder zu bekommen“. Ja, da haben die Stimmen von außen zu einem gewissen Punkt Recht. Aber auch hier wird ausgeblendet, dass ich eine Familie gründen möchte, und da gehören beide Elternteile dazu. Mir geht es nicht darum auf Biegen und Brechen Mutter zu werden.

Ich stehe auf das Konzept einer Familie. Ist das denn zu viel verlangt? Darf ich es mit 39,5 Jahren noch wagen mir das zu wünschen?

Dann gruschelt man plötzlich in der Vergangenheit. Warum es denn früher nicht geklappt hat? Tja gute Frage. Männer gab es, die gerne eine Familie wollten, aber die haben mich an einem Punkt im Leben erwischt, wo es dann für mich keine Option war. Ich war entweder auf dem Weg ins Auslandsjahr und einfach mit 19 viel zu jung. Oder ich hatte nicht genug Liebe gefühlt um es mir mit diesem Mann vorstellen zu können. Ich hatte auch lange Singlephasen, wo es mit den Männern nicht klappen wollte und ich zudem mit mir einfach nicht im Reinen war. Das ist nun Teil meiner Geschichte und ist wie es ist.

Ich kann daran nichts mehr ändern und versuche mir nicht vorzuwerfen, dass ich mich nicht früher reflektierte und an mir arbeitete. Ich muss und möchte akzeptieren, dass es jetzt eben so ist, wie es ist und ab da mit der Situation umgehen lernen und das Beste draus machen. Ein bisschen Zeit habe ich schließlich noch. Auch wenn mich meine Myome an der Gebärmutter oft daran erinnern, dass es eventuell nicht einfach werden wird. Aber auch hier will ich drauf vertrauen, dass mir mein gesundheitlicher Zustand keine großen Steine in den Weg legen wird und mache mir Sorgen, wenn es zum, Problem wird.

In dem Zusammenhang möchte ich aber auch betonen, dass es Tage gibt, sehr viele Tage, an welchen es schwer fällt optimistisch, zuversichtlich und voller Vertrauen zu sein. Der Kinderwunsch macht manchmal müde. Meine Gedanken und Hoffnungen möchten manchmal eine Pause machen und sich nicht immer auf dieses eine Thema konzentrieren. Ich bin doch noch so viel mehr als mein Kinderwunsch und doch ist er so dominant.

Davon eine Pause einlegen. Geht das?

Geht das, wenn dein Freundeskreis entweder schon Kinder hat oder bewusst keine will und niemand nachvollziehen kann wie es dir geht. Wenn man immer mit anschauen muss, wie deine besten Freundinnen ihr Leben führen mit all den Dingen, die du dir so sehr wünscht. Und dann diese ständige Frage, wann man eine Ausfahrt verpasst hat. Auf einmal sind alle um einen herum so klar, fliegen in Flitterwochen und schicken fröhlich Postkarten, verziert mit frisch geborene Babys und den Angaben zu Größe, Gewicht und Uhrzeit der Geburt.

Man freut sich mit, natürlich. Und trotz allem wundert man sich was man falsch gemacht hat. Das klingt traurig und vielleicht auch für so manchen verbittert, aber es ist eine Situation, der man sich nicht entziehen kann, außer man nimmt Abstand von lieben Menschen, die keine Schuld an meiner Situation trifft. Ich kann also vielleicht keine Pause einlegen, sondern lernen mit der Situation umzugehen, mich nicht ständig darauf zu fokussieren. Mich um meine Hobbies und meinen Job kümmern. Fast 40 und Single mit Kinderwunsch - über Gefühle und Gedanken

Lernen mit der Situation umzugehen muss ich auch, vor allem, wenn ich nach einem Date nach Hause komme und merke, dass es nicht der passende Partner wird. Das Date ist vielleicht super nett, will aber keine Kinder mehr. Und nun? Als oberstes Ausschlusskriterium werde ich wohl Männer aussortieren müssen, die definitiv keine Kinder wollen. Und auch solche, die nur vielleicht mal welche wollen. Das ist manchmal bitter und ebenso ermüdend, aber als Sinlge mit Kinderwunsch beeinflusst das jetzt die Partnerwahl mit der Gratwanderung bei welchem Date man dieses Thema geschickt anspricht, ohne den potenziellen Partner in die Flucht zu schlagen, weil man vielleicht verzweifelt wirkt.

Mit Ende 30 muss man sich schnell mal anhören, dass man die Männer eh nur schnell genug vor den Traualtar zerren will, nur weil man es wagt eine feste Beziehung zu wollen. Tatsächlich ist es für mich die größte Herausforderung nun den passenden Partner zu finden, der zu mir und meinen Werten passt und die selben Ziele im Leben verfolgt.

Ohne Kompromisse.

Eine gute, liebevolle Partnerschaft auf Augenhöhe ist die Basis für mich eine Familie zu gründen. Aber wie schon erwähnt bleibt mir nichts anderes übrig als zu vertrauen, dass alles so kommt wie ich es mir wünsche.

 

Liebe Kristin, ich wünsche dir von Herzen, dass dein Wunsch in Erfüllung geht. Dass dein Traummann bald vor dir steht, du kein Single mit Kinderwunsch mehr sein wirst und ihr einen gemeinsamen Weg einschlagen könnt. Gute Beispiele, dass es durchaus noch klappen kann, bin ich selbst, schwanger mit 43 Jahren oder die liebe Marie, die sogar Zwillinge mit 43 Jahren bekam. Mein Vorbild ist Natascha, die sogar mit 47 Jahren nochmal schwanger wurde und ihr letztes Kind mit gerade 48 Jahren zur Welt brachte.

Möchtet auch ihr auch hier eure Geschichte erzählen, die zum Thema #ü40Mama oder Papa passt, meldet euch gern bei mir! Und wer möchte, darf Kristin natürlich sehr gern einen Gruß hinterlassen.

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