2 Erfahrungsberichte über ungewollte Kinderlosigkeit. Ungewollt kinderlos, ein schmerzlicher weg
Gastbeiträge & Interviews,  späte Mutterschaft

Ungewollt kinderlos: 2 Kiwu-Reisen über schmerzliche Gefühle

Ungewollt kinderlos impliziert natürlich schon, sich nicht freiwillig für diesen Weg entschieden zu haben. Eine bewusste Entscheidung gegen Kinder trifft häufig auf Unverständnis, aber ebenso ist das Thema ungewollte Kinderlosigkeit ein Tabuthema. Betroffene Paare (oder auch Singles) gehen nicht mit ihrer Geschichte „hausieren“ und als Gegenüber hinterfragt man die Kinderlosigkeit eines Paares auch nicht direkt.

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Bei Singles sieht es anders aus, obwohl es natürlich auch genug Singles MIT Kind gibt, ob nun alleinerziehend oder getrennt lebend. Aber wie sieht es bei Singles aus, die ungewollt kinderlos sind? Kaum einer spricht über diese Gefühle und eventuelle Traurigkeit. In diesem Interview hier: „Fast 40, Single mit Kinderwunsch“ hat es eine gemacht!

Nachfolgend erzählen 2 Frauen ihre Geschichte der ungewollten Kinderlosigkeit. Wie oft im Leben, läuft nicht immer alles nach Plan.

Ungewollt kinderlos

Mein Mann (1973) und ich (1975) haben uns erst 2014 kennen- und lieben gelernt. Er war zu dem Zeitpunkt 41 und ich Ende 30. 2015 wurde ich schwanger und hatte eine MA (Fehlgeburt) in der ca. 10. SSW mit Ausschabung.

Da ich schon fast 40 Jahre alt war, schickte man uns recht schnell an eine KiWu-Klinik. Wir wurden beide von recht nach links und wieder zurück gedreht. Meinem Mann hat man ganz trocken gesagt, dass seine Jungs/Mädels zu wenige und zu langsam seien. Bei mir ist soweit alles in Ordnung. Wir begannen irgendwann 2016 eine Clomifen- Therapie mit Hormonspritzen und Eisprungauslösung per Spritze.

Ich wurde damit im gleichen Zyklus nicht schwanger, aber im Zyklus danach. Auch diese endete in einer MA (Missed Abortion) in der 8. SSW, wieder mit Ausschabung.

Uns wurde gesagt, dass ich auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen würde. Eine ICSI würde nichts bringen, nur eine IVF – wir selbst haben uns dagegen entschieden, da mich die Hormone vorher schon genug durcheinander gebracht hatten, von dem Emotionalen wollen wir gar nicht reden.

Dann erneut ein Versuch 2017, wie oben beschrieben. Dieser endete erneut in einer MA, ebenfalls so früh. Bei der 3. Kürettage (Ausschabung) hat man dann Gewebeproben entnommen, aber nichts feststellen können. Daraufhin entschieden wir uns schweren Herzens gegen einen weiteren Versuch.

Die 3. Kürettage

Auch die Krankenkasse wollte aufgrund meines Alters nicht weiter bezahlen. Meine Frauenärztin hatte mir dann noch eine Weile Progesteron verschrieben, für den Fall, dass ich doch nochmal schwanger werden würde. Aber auch das konnte sie irgendwann gegenüber der Krankenkasse nicht mehr vertreten.

Trotz meiner 48 Jahre, ist in mir immer noch ein kleiner Funke Hoffnung, der noch nicht endgültig aufgegeben hat. Es ist manchmal schwer zu ertragen, ungewollt kinderlos zu sein, KEINE Begründung zu haben und abfinden werde ich mich damit wohl nie.

Hast du vor deiner aktuellen Beziehung je einen Kiwu verspürt oder hat es sich einfach nie ergeben, vorher über Kinder nachzudenken? 

Ich wollte schon immer Kind/Kinder haben. Aber wie das so ist: zuerst zu früh, Ausbildung, Studium, Arbeit – dann nicht der richtige Partner… und wenn es dann passt, klappt es leider nicht.

Musstet ihr euch schon schmerzliche Fragen/Aussagen anhören?

Hauptsächlich muss ich mir immer noch schmerzliche/blöde Fragen anhören. Vor allem, wenn ich mich dazu äußere, dass ich mir eine Schwangerschaft mit 48 immer noch vorstellen kann.

Habt ihr je über Eizellspende nachgedacht?

Nein haben wir nicht. Wir wollten es so natürlich wie möglich versuchen. Die Spritzen und Tabletten waren schon sehr emotional und anstrengend. 

Der Weg als Paar

Wie geht ihr als Paar mit der Situation um? Habt ihr einen Weg gefunden, nun gemeinsam ohne Kinder in die Zukunft zu schauen?

Wir sind füreinander da, reden aber nicht gemeinsam darüber. In der Akutphase der Traurigkeit habe wir uns gegenseitig gestützt. Vor allem als meine Schwägerinnen wieder Schwanger wurden. Ansonsten bin ich relativ offen mit dem Thema umgegangen. So habe ich auch gemerkt, dass ich nicht alleine bin. Das hat mir geholfen. Ich hatte mir mehrere Wege gesucht mit meinen Verlusten umzugehen: Meditation, Reiki, reden, Sport, viel in der Natur sein. Aber auch verschiedene Gruppen bei Facebook oder Instagram- so wie deine 🙂 helfen mir immer noch.

Mein Mann „frisst“ es eher in sich rein. Er hatte sowieso das Motto: entweder es klappt oder nicht. Darum beneide ich ihn manchmal. 

Wir machen uns das Leben so schön es geht und nehmen es wie es kommt. Wir fahren z.B. drei mal im Jahr in den Urlaub.

Was hältst du davon, dass Krankenkassen nur bis zum 40. Lebensjahr eine Kiwu-Behandlung bezuschussen?

Ich denke, dass es auch auf die Umstände ankommt. 

Grundsätzlich halte ich es nicht mehr für zeitgemäß, da alles viel moderner und ausgereifter wird.

Auch der Lebenswandel und die Lebenserwartung haben sich verändert. Auch dass man so früh immer noch als „Risiko schwanger“ bezeichnet wird, halte ich nicht mehr für zeitgemäß.

Gibt es etwas, dass du im Nachhinein anders machen würdest oder was du anderen Frauen/Paaren mit auf den Weg geben magst?

Wenn ich die Zeit nochmal zurückdrehen könnte, würde ich mich früher für ein Kind entscheiden – vielleicht auch allein.

Es gibt leider kein Patentrezept, wie eine andere Frau oder ein anderes Paar mit dem Thema umgehen kann – das muss jede/r für sich herausfinden. 

Ich wünsche anderen Paaren vor allem, dass sie auf Verständnisvolle Menschen in ihrem Umfeld und auch bei Ärzten treffen und auf Menschen, die an sie glauben und zu ihnen stehen, auch ohne Kinder.


Sterneneltern von Hannah

Hier schreibt Inga über die Geschichte ihrer Kinderwunschreise. Unter Sterneneltern von Hannah findet ihr sie bei Instagram!

Wir sind seit 15 Jahren zusammen und wussten schnell, dass wir eine Familie wollten. Aber mit Mitte 20 hatte erstmal mein Studium Priorität. Leider hat sich das ein wenig verzögert, so dass ich erst mit 29 angefangen habe, zu arbeiten. Dann wollte ich erstaml im Beruf ankommen.

Mit 32 haben wir geheiratet und ein Jahr später haben wir nicht mehr verhütet. Allerdings hat es in den nächsten Jahren bei mir eine Myomdiagnose gegeben. SO sollte ich nicht schwanger werden. Wir haben mit Medikamenten versucht, diese zu behandeln. Geschrumpft sind sie dann auch, so dass der Arzt meinte, wir könnten es versuchen.

Es sind etwa zwei Jahre vergangen, so dass wir 2019 erst wieder angefangen haben. Nach 7 Monaten war ich schwanger. Leider hat sich dieser Wurm dirket am Myom eingenistet, so dass er nach 6 Wochen nicht weiter gewachsen ist und ich eine Fehlgeburt hatte. Trotzdem war mein damaliger Arzt der Meinung wir könnten weiter machen.

Kinder im Herzen, keines an der Hand

6 Monate später war ich erneut schwanger. Unsere Hannah kam nach einer bis dahin komplikationslosen Schwangerschaft in der SSW 23 nache einem Blasensprung auf die Welt. Sie verstarb. Mit ein Grund war ein mitwachsendes Myom. Diese hab ich mir dann in zwei OPs entfernen lassen. Eine Pause von 6 Monaten war nötig. Nach wieder 7 Monaten war ich erneut schwnger. Diesmal hatte der Embryo eine freie Trisomie 16 und hat sich nach der 5 Woche nicht weiter entwickelt. Somit sind wir dreimal schwanger gewesen.

Wie alt wart ihr bei Beginn eures Kinderwunsches?

Mit 25 Jahren die erste Idee und dann mit 33 Jahren nach der Hochzeit. Erste Schwangerschaft mit 36, Hannah mit 37 und dann im letzten Jahr 39.

Wann wusstet ihr, dass ihr nach Hannah wieder bereit seid?

Tatsächlich sehr schnell. Immer nach ca. 3 Monaten wussten wir, dass es noch nicht zu Ende sein kann.

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Was ist seitdem geschehen, wie sieht eure Kiwu-Reise seitdem aus?

Wir halten weiter an dem Wunsch fest. Neben den OPs haben wir unsere Ernährung geändert, machen viel mehr Sport.

Wir haben uns in einer Klinik beraten lassen. Da wir aber, bis auf das Übergewicht gesund sind, sind wir keine Kandidaten für eine künstliche Befruchtung. Dazu kommt, dass ich auch keine Hormone nehmen möchte.

Wir haben uns entschieden, es natürlich weiter zu versuchen. Ich habe auch mit einer Heilpraktikerin Kontakt, die sich auf Frauengesundheit spezialisiert hat.

Wir haben diesen einen Traum. Wir wissen aber auch, dass es mit jedem Monat unwahrscheinlicher wird. Wir planen auch immer mehr ein Leben ohne Kinder, eben ungewollt kinderlos.

Ungewollte Kinderlosigkeit

Hast du schon unangebrachte Fragen/Aussagen bezüglich der Kinderlosigkeit hören müssen?

Das zum Glück nicht. Da wir sehr offen mit unserer Geschichte umgehen, wissen viele um unseren Weg. Wir bekommen eher Zuspruch für das was wir tun.

Wie geht ihr als Paar miteinander um? Redet ihr über eure Gefühle und habt ihr Verständnis füreinander?

Ja, sehr viel. Über das was passiert, aber auch über Möglichkeiten wie Adoption oder Pflege. Wir haben viel überlegt und beides kommt für uns nicht in Frage. Ich verstehe, warum viele es tun wollen. Wir können es nicht. Damit kommen wir aber sehr gut klar. Das ganze hat uns als Paar nur stärker gemacht. Trotz vieler vieler Tränen.

Meinst du, dass ungewollte Kinderlosigkeit ein Tabuthema ist?

Ja, definitiv. Genau wie Sternenkinder oder aber die bewusste Entscheidung gegen Kinder. Alles was nicht der so genannten Norm entspricht, wird komisch beäugt. Hier haben wir auch die Erfahrung gemacht, dass es auf die Menschen ankommt. Unser Pfarrer nimmt zum Beispiel Rücksicht und lässt Predigttexte zum Thema Kinderlosigkeit weg, er sagt, hier sitzen so viele Frauen, die davon betroffen sind. Da kann ich nicht drüber predigen. Ungewollt kinderlos zu sein, ist ja nicht die Schuld der Frau. Etwas, das mich sehr beeindruckt hat.

Gibt es etwas, das du anderen mitteilen möchtest?

Nur weil wir keine eigenen Kinder an der Hand haben, haben wir kein Problem mit anderen Kindern. Lasst uns teilhaben und lasst zu, dass wir mit unserem Leben auch an eurem Leben teilhaben dürfen. Es gibt so viele Möglichkeiten, ein erfülltes Leben zu leben.

Hannah hat uns zu Eltern gemacht und das erzähle ich.

Inga, Sterneneltern von Hannah


Bitte vergesst nicht: Die Ursachen für ungewollte Kinderlosigkeit sind vielfältig! Kinderlose Paare können dennoch Eltern sein, auf ganz unterschiedliche Art und Weise! Viele Gründe führen manchmal zu einer späten Elternschaft und manchmal reicht es selbst dafür leider nicht.

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